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Ordensburg Wenden (Cēsu ordeņa pils)


Cēsis

 

Cēsu Rajons

Region Vidzeme

 

Lettland


GPS: +57° 18' 46.72", +25° 16' 12.13"

Beschreibung:

Ordensburg:

Wenden im gleichnamigen Kreise, 2 km vom linken Ufer der Treyder-Aa, 85 km von Riga, ist spaetestens 1209 vom Schwertbruederorden zu bauen begonnen worden, der schon bei der ersten Teilung Livlands 1207 dieses Gebiet erhielt. [...] Ein Teil dieser Residenzburg des O. M. von Livland wurde zwar am 5. Sept. 1577 gesprengt, doch erst in der 2. Haelfte des 17. Jahrhunderts begann der gruendliche Verfall der Burg. Einige Ausgrabungen und Erhaltungsmauerungen sind vom Besitzer der Ruine, Grafen Sievers, schon in der 1. Haelfte des 19. Jahrhunderts ausgefuehrt worden. Der sehr gefaehrdete Westturm wurde, nach laengeren Bemuehungen einer dazu ernannten Kommission, erst im Sommer 1914 in seinen oberen Teilen repariert und vor allem mit dem urspruenglichen Kegeldach versehen, - ein Unternehmen, dessen Kosten schwer zu decken waren. Bewohnt wird nur der Bau zwischen der 1. und 2 . Vorburg, hingegen wirtschaftlich genutzt mehrere Teile der Hauptburg. In Wenden walteten 15 Komture 1237-1349, 20 Voegte 1255-1461 und 14 Hauskomture 1413-1562.

 

Karl von Loewis of Menar: Burgenlexikon fuer Alt-Livland, Riga 1922



Die Ritter des Schwertbruederordens unter Leitung des ersten Ordensmeisters Vinno von Rohrbach begannen 1209 mit dem Bau der Burg Wenden nahe der Livenburg Alt-Wenden auf dem Nussberg, die nach Eroberung durch den Orden als erster Stuetzpunkt gedient hatte. Der romanische Teil im Nordostfluegel mit der Burgkapelle stammt aus dieser Zeit. Die anderen beiden Fluegel, auch der Westturm mit seinem bekannten Netzgewoelbe mit 67 Schlusssteinen stammt aus der Zeit um 1400, wurde also schon vom Deutschen Orden errichtet.

 

Nachdem die Ordensburg vergroessert und befestigt worden war, diente sie mit verschiedenen Unterbrechungen von 1237 bis 1561 als Wohnsitz des Ordensmeisters. Um die Burganlage siedelten Haendler und Handwerker und so entstand die Stadt Wenden. Im 13. und zu Beginn des 14. Jh. entwickelte sich die Stadt zum Zentrum und zur Hauptstadt des Livlaendischen Ordens. Als Domkirche diente die 1281-1284 erbaute St. Johannis-Kirche. Viele Geistliche, Ordensmeister und Ritterbrueder sind dort beigesetzt worden, so auch einer der letzten Ordensmeister Wolter von Plettenberg (1494 – 1535).

 

Neben den drei Fluegeln besteht die Burg Wenden im Wesentlichen aus dem Haupt- oder Westturm des Konventsbaus, dem "Langen Hermann" mit einem Burgverlies, dem Nordturm des Konventsbaus, dem Lademacherturm, dem Westturm der ersten Vorburg, dem Nordturm der dritten Vorburg und zwei Tortuermen der Vorburgen, die zum Teil von Wolter von Plettenberg Anfang des 16. Jh. neu errichtet worden waren.

 

1577 zerstoerte die Besatzung die Burg, um zu verhindern, dass sie in die Haende Ivans des Schrecklichen fiel. Sie wurde danach wieder aufgebaut, 1703 jedoch im Nordischen Krieg von den russischen Truppen abermals zerstoert und dann in diesem ruinoesen Zustand belassen. 1777 kaufte Graf Karl von Sievers die Burg und ließ sie teilweise renovieren. Als Wohngebaeude liess er an der Burgruine ein neues Schloss errichten. In diesem befindet sich seit 1949 das Stadtmuseum für Geschichte und Kunst. 1812 hat Karl von Sievers einen Schlosspark anlegen lassen.

 

Seit 2008 finden archaeologische Ausgrabungen statt, die Burgruine ist mit Eintrittsgeld zu besichtigen, die Besucher erhalten Laternen, um sich in den unbeleuchteten Raeumen und Gaengen zurechtzufinden.


Historisches Bild- und Kartenmaterial (Auswahl):
Grundriss Burg und Stadtmauer
Grundriss
Brotze 1771
Rekonstruktionszeichnung
Ansichtskarte um 1900

Vinno von Rohrbach, der erste Meister des Schwertbruederordens, wurde 1209 auf der Burg Wenden von einem Ordensritter ermordet. Die Hintergruende sind nicht bekannt. Heinrich von Lettland bemerkt dazu in seiner Livlaendischen Chronik:

 

"Es war in dieser Zeit ein gewisser Wickbert unter den Bruedern des Ordens, der sein Herz wohl lieber der Liebe des Zeitlichen zugewendet hatte als der Zucht des Ordens und der unter den Bruedern viele Zwietracht stiftete. Die Gemeinschaft des heiligen Lebens ablehnend und die Ritterschaft Christi schmaehend, kam er zum Priester nach Idumaea. Die Brueder des Ordens, Bertold von Wenden mit einigen anderen Bruedern und Knechten, verfolgten den Bruder als Abtruennigen, ergriffen ihn in Idumaea, fuehrten ihn zurueck nach Wenden und setzten ihn gefangen. Als er von der Ankunft des Bischofs erfuhr, bat er, entlassen zu werden und nach Riga zurueckkehren zu duerfen und versprach dagegen dem Bischof und den Bruedern gehorsam zu sein. Da freueten sich die Brueder in der Hoffnung, dass nach den schlimmen Aergernissen der Bruder gleich dem verlorenen Sohne wieder zur Einsicht gekommen sei [...] und nahmen ihn in die Gemeinschaft wieder auf.

 

Er aber [...] erwartete einen guenstigen Tag, an dem er die Bosheit seines Herzens in die Tat umsetzen koennte. Und es geschah an einem Festtage, waehrend die uebrigen Brueder mit anderen Leuten zum Muenster gingen, rief er unterdessen den Meister des Ordens und Johannes, seinen Priester, zu sich, unter dem Vorwande, ihnen seine Geheimnisse eroeffnen zu wollen, und schlug oben in seinem Hause ploetzlich mit seiner Streitaxt, die er stets bei sich zu tragen pflegte, den Meister aufs Haupt und toetete den Priester zugleich mit dem Meister an demselben Ort. Und es wurde den anderen Bruedern bekannt gemacht, sie verfolgten ihn, da er aus dem Hause zur Kapelle floh, ergriffen ihn und liessen ihn durch das weltliche Gericht auf grausame Weise, wie er es verdient hatte, umbringen. Und nachdem sie ihren treuen und frommen Meister Wenno mit dem Priester unter grossem Wehklagen bestattet haten, setzten sie den nicht minder frommen, leutseligen und mit allen Tugenden ausgestatteten Volkwin an seine Stelle."


Zeittafel:


1209
Bau der Burg Wenden durch den Schwertbruederorden
1209
Ermordung des ersten Ordensmeisters Vinno von Rohrbach
1237-1561
mit Unterbrechungen Wohnsitz der Ordensmeister
1237/38
Hermann Balk, erster Landmeister in Livland auf Burg Wenden
1577
Zerstoerung durch eigene Besatzung
1703
Erneute Zerstoerung durch russische Truppen
1777
teilweise Renovierung durch Graf Karl von Sievers


Fotos und Panoramen:


Album mit 32 Fotos


vor Ort

2008

2009


Literaturauswahl und Links:


Loewis of Menar: Burgen-Lexikon fuer Alt-Livland, 1922
Tuulse: Die Burgen des Deutschen Ritterordens in Lettland und Estland, 1942
Fahne:
Livland - Ein Beitrag zur Kirchen- und Sittengeschichte, 1875 Reprint
Miltitzer, Klaus: 
Die Geschichte des Deutschen Ordens, Stuttgart 2005
Turnbull:
Crusader Castles of the Teutonic Knights (2), New York 2004
Borowski, Tomasz: Miasta, zamki i klasztory - Inflanty, Warschau 2010

Chroniken aus dem 14. Jahrhundert:
Heinrich v. Lettland:
Livlaendische Chronik (Uebersetzung Bauer), Darmstadt 1959
Unbekannt:
Livlaendische Reimchronik (Ausgabe Pfeiffer), Stuttgart 1844
Hermann v. Wartberge:
Chronicon Livoniae (Ausgabe Strehlke), Berlin/Riga 1864 

Google Maps:
Satellitenbild



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