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Burgwall Sattesele (Satezeles pilskalns)


Sigulda

 

Siguldas novads

Rīgas Rajons

Region Riga

 

Lettland

GPS: +57° 10' 13.86", +24° 52' 2.10"

Beschreibung:

Burgwall:

Sattesele, die Burg des Dabrel, 2 Werst noerdlich von der Ruine Segewold.

 

Karl von Loewis of Menar: Burgenlexikon fuer Alt-Livland, Teil I, Die hoelzernen Burgen der Urzeit, Riga 1922



Etwa zwei Kilometer noerdlich der Ordensburg Segewold befindet sich der Burgwall Sattesele, eine Livenburg, noch auf dem Stadtgebiet Siguldas. Die Burg liegt auf einem Gelaendesporn, besteht aus einem flachen Plateau von ca. 75 x 90 m, auf drei Seiten durch Steilabfaelle geschuetzt und auf der vierten durch einen 73 m langen und 8-9 m hohen Wall vom Hinterland abgetrennt. Dieser Wall war seinerzeit mit einem Palisadenaufbau verstaerkt und mit einem vorgelagerten Graben als Annaeherungshindernis versehen.

 

Im 13. Jahrhundert war das Gebiet um Sigulda von den einheimischen Liven besiedelt, die dort mehrere Burgwaelle bewohnten. Teilweise war das Land aber schon vom Schwertbruederorden und auch vom Bistum Riga besetzt; der Orden sass auf der Burg Segewold, die benachbarte Burg Treyden war im Besitz des Bischofs. Im Jahr 1212 kam es nach vielen Streitigkeiten um Land und Abgaben und einzelnen kriegerischen Auseinandersetzungen zum grossen Livenaufstand. Die Truppen des Bischofs und des Schwertbruederordens belagerten als Vergeltung fuer einen Angriff auf die Burg Treyden die Burg Sattesele, die von den Livenaeltesten Russin und Asse gehalten wurde. Nach mehren Versuchen wurde die Burg, nachdem Russin getoetet worden war, schliesslich eingenommen.

 

Heinrich von Lettland berichtet in seiner Livlaendischen Chronik recht ausfuehrlich "Von der Belagerung und Einnahme der Burg Sattesele":

"Bischof Albert also, entschlossen, die Spreu vom Weizen zu sondern und die im Lande entstandenen Uebel zu vertilgen, bevor sie sich mehrten, berief die Pilger mit dem Meister des Ordens und seinen Bruedern, die Rigischen und die ihm noch treu gebliebenen Liven. Und sie kamen alle; und nachdem sie ein grosses Heer zusammengebracht und alles mitgenommen hatten, was notwendig war, zogen sie nach Treyden und belagerten die Burg des Dabrel, in der sich die abtruennigen Liven befanden. [...] Und die Liven machten einen Ausfall aus der rueckwaertigen Seite der Burg, verwundeten einige aus dem Heere, nahmen ihre Pferde und andere Beute, kehrten in die Burg zurueck und riefen: "Seid tapfer, ihr Liven, und kaempfet, dass ihr nicht die Knechte der Deutschen werdet!" Und sie kaempften und verteidigten sich viele Tage.

 

Die Deutschen aber zerstoerten mit Patherellen [Steinschleudern] die Befestigung der Burg, schleuderten viele und grosse Steine in die Burg hinein und toeteten Menschen und viel Vieh. Andere vertrieben mit Pfeilschuessen die Liven von der Brustwehr und verwundeten sehr viele von ihnen, andere errichteten ein Bollwerk, das der Wind in der folgenden Nacht umwarf, worueber in der Burg sich grosses Geschrei und Jubel erhob; und, ihre Goetter nach althergebrachter Weise ehrend, schlachteten sie Tiere, opferten Hunde und Boecke und warfen sie zur Verhoehnung der Christen im Angesicht des Bischofs und des ganzen Heeres von der Burg hinab. Doch war all ihre Muehe umsonst. Denn ein festeres Bollwerk wurde errichtet, der hoelzerne Turm rasch verstaerkt, oben an die Boeschung herangebracht, die Burg darunter untergraben.

 

Russin rief inzwischen von der Hoehe der Burg Bertold, den Meister von Wenden, an als seinen Freund, wobei er den Helm vom Kopf nahm, sich von der Befestigung hinunterbeugte und ihn an den Frieden und ihre alte Freundschaft erinnerte. Da traf ploetzlich der Pfeil eines Armbrusters seinen Kopf, er stuerzte und starb darnach. Die Deutschen aber gruben am Wall und ruhten nicht Tag noch Nacht, bis sie sich der Hoehe der Burg naeherten, der Wall brach und man den Sturz der Befestigung bereits erwarten konnte. Und da die Liven sahen, wie sich die Hoehe ihrer festesten Burg schon zu neigen begann, da schickten sie, in der Seele erschreckt und im Geiste verstoert, ihre Altesten, Asse und die anderen, zum Bischof, baten um Vergebung und flehten, man moege sie nicht erschlagen. Der Bischof aber redete ihnen zu, zu den Sakramenten des Glaubens zurueckzukehren, und schickte seine Fahne auf die Burg, die von den einen erhoben, von den anderen zu Boden geworfen wurde.


So wurde Asse zur Marter gebunden, der Kampf wieder aufgenommen, und die neueste Schlacht wurde aerger denn die erste. Daher ergaben sie sich schliesslich, richteten die Fahne der seligen Maria oben auf, beugten ihre Nacken vor dem Bischof und baten flehentlich um Schonung. [...] Der Bischof aber erbarmte sich ihrer und verbot dem Heere, die Burg zu betreten, damit die Flehenden nicht getoetet, die Seelen so vieler nicht zur Hoelle geschickt wuerden. Und das Heer, in Treue und Ehrerbietung vor dem Bischof gehorchend, stellte den Kampf ein und schonte die Unglaeubigen, auf das sie glaeubig wuerden."


Historisches Bild- und Kartenmaterial (Auswahl):
Ansichtskarte 1910
Aufnahme um 1930 (Fotograf nicht bekannt)

Das Burgareal ist heute frei zugaenglich, der Wall allerdings im Sommer reichlich mit Pflanzen und Bueschen zugewachsen und dadurch etwas unuebersichtlich.

 

Der Burgwall Sattesele (Satezeles pilskalns) ist in der offiziellen Denkmalschutzliste Lettlands unter der Nummer 2144 seit 18.12.1998 als archaeologisches Denkmal erfasst mit der Einstufung "von nationalem Interesse".


Zeittafel:


1206 Erste erfolglose Belagerung durch den Schwertbruederorden
1212

Belagerung und Einnahme der Livenburg durch ein Heer des Ordens und

des Bischofs von Riga









Fotos:


Album mit 13 Fotos


vor Ort

2008



Literaturauswahl und Links:


Loewis of Menar: Burgen-Lexikon fuer Alt-Livland, 1922
Tuulse: Die Burgen des Deutschen Ritterordens in Lettland und Estland, 1942
Fahne:
Livland - Ein Beitrag zur Kirchen- und Sittengeschichte, 1875 Reprint
Miltitzer, Klaus: 
Die Geschichte des Deutschen Ordens, Stuttgart 2005
Turnbull:
Crusader Castles of the Teutonic Knights (2), New York 2004
Borowski, Tomasz: Miasta, zamki i klasztory - Inflanty, Warschau 2010

Chroniken aus dem 14. Jahrhundert:
Heinrich v. Lettland:
Livlaendische Chronik (Uebersetzung Bauer), Darmstadt 1959
Unbekannt:
Livlaendische Reimchronik (Ausgabe Pfeiffer), Stuttgart 1844
Hermann v. Wartberge:
Chronicon Livoniae (Ausgabe Strehlke), Berlin/Riga 1864 

Google Maps:
Satellitenbild



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