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Ordensburg Tolsburg (Toolse ordulinnus)


Toolse

 

Lääne-Viru maakond

 

Estland


GPS: +59° 32' 6.98", +26° 28' 6.29"

Beschreibung:

Ordensburg: Tolsburg in Wierland, am Finnischen Meerbusen, wurde unter dem Namen Fredeburg 1471 vom O.M. Johann Wolthus von Herse als Schutz gegen Seeraeuber erbaut. Von 1492-1558 sind hier 6 Voegte bekannt. Die Burg wurde 1558 von den Moskowitern und Tartaren genommen, am 8. Maerz 1581 von Pontus de la Gardie erobert. Sie hatte keinen inneren Hof, sondern bildet ein Rechteck mit 2 Vorburgen nach S. Nach N., an der Ecke zum Meere hin, war ein breiter runder Turm angebaut. Drei viereckige, turmartig vortretende Teile sind an der Ruine zu bemerken. Tolsburg gehoerte im 17. Jahrh. den Herrn von Wrangel, im 18. und 19. den Herrn v. Rennenkampf und jetzt Baron Girard de Soucanton.

 

Karl von Loewis of Menar: Burgenlexikon fuer Alt-Livland, Riga 1922



Um den fuer die ca. 25 km entfernt liegende Stadt Wesenberg wichtigen Hafen auf einer Halbinsel am Finnischen Meerbusen effektiver vor Ueberfaellen durch Seeraeuber schuetzen zu koennen, wurde dort Anfang 1471 durch den neu gewaehlten Landmeister des Ordens Johann Wolthus von Herse eine erste Burg namens Vredeborch errichtet. Diese war ein kleiner dreistoeckiger befestigter Turmbau aus Stein, der dann nach den baulichen Erweiterungen den westlichen Teil der Ordens- burg bildete. Herse wollte den Livlaendischen Zweig des Ordens umfassend reformieren, um kuenftigen kriegerischen Bedrohungen besser begegnen zu koennen, machte sich aber durch sein engagiertes und eben auch eigenmaechtiges Vorgehen unter oftmaliger Umgehung des Generalkapitels wenig Freunde im Orden und wurde kurze Zeit spaeter durch eine Oppositionsgruppe um den Ordensritter Bernd von der Borch gestuerzt, im Herbst 1471 verhaftet und vermutlich 1472 von seinen Gegnern in Gefangenschaft ermordet.

 

Gegen Ende des 15. Jahrhunderts hatte die unter dem neuen Landmeister Bernd von der Borch erweiterte und in Tolsburg umbenannte Burganlage ausserdem einen inneren und aeusseren Burghof, geschuetzt durch 14 m hohe und 2 m dicke Mauern. Zusaetzlich erhielt die Burg einen Torturm im Osten zur Sicherung des aeusseren Burghofs und des nordwestlichen Abschnitts. Die Nordecke hinter dem aeltesten Gebaeudeteil bekam einen Kanonenturm, zur Seeseite hin wurden zwei Dansker errichtet und die Wehrmauer nochmals erhoeht.

 

Es gibt keine genauen Aufzeichnungen ueber die Burggeschichte waehrend des Livlaendischen Krieges (1558-1583); Tolsburg war aber waehrend dieser Zeit mehrfach umkaempft, so wurde sie 1558 durch russische Truppen ohne Gegenwehr eingenommen, von den Schweden 1574 erfolglos belagert und 1581 bei einem zweiten Angriff erobert. Waehrend des Schwedisch-Polnischen Krieges war sie 1600-1605 von polnischen Truppen besetzt. Gegen Ende des 17. Jahrhunderts konnte die Wehranlage nur noch teilweise und eingeschraenkt genutzt werden. Nach dem Grossen Nordischen Krieg (1700-1721) wurde die Tolsburg vermutlich wegen Zerstoerung dann ganz aufgegeben.


Historisches Bild- und Kartenmaterial (Auswahl):
Grundriss
Grundriss 1683
Grundriss 1806 Brotze
Plan 1683
Plan 1825 Paulucci
Ansicht 1616 Goeteeris
Ansicht 1683
Ansicht 1806 Brotze
Ansicht 1806 Brotze
Ansicht 1835 Stavenhagen
Ansicht 1825 Paulucci
Ansichtskarte 1904
Ansichtskarte 1927
Ansichtskarte 1931

Heute ist die Burgruine ganzjaehrig zugaenglich, in den Sommermonaten mit Eintrittsgeld und wahlweise mit Fuehrung; zu erreichen ueber eine kilometerlange staubige Schotterpiste.

 

Ein Eintrag zur Burg Tolsburg findet sich auch in Merians "Topographia Electoratus Brandenburgici et Ducatus Pomeraniae" von 1652:

Tolsburg / Ein Schloß im Esthland / an der See / oder Strande / zwischen Narve / und Reval / in gleicher Weite / und 3. Meilen von Wesenberg gelegen. Soll umbs Jahr 1219. erbauet worden seyn. Anno 1558. nach Eroberung Narve / verließ die Besatzung dieses Schloß / auß Forcht / und nahmen es die Moscowiter ein. Anno 1574. haben solches ihnen die Schweden wieder abnehmen wollen / so aber nicht angangen. Aber Anno 1581. eroberten sie dasselbe; denen es auch noch gehörig ist.


Die Ruine der Burg Tolsburg ist in der offiziellen Denkmalschutzliste Estlands unter der Nummer 15951/453 seit 04.08.1998 als architektonisches Denkmal erfasst.


Zeittafel:


1471 Errichtung unter dem urspruenglichen Namen "Vredeborch"  durch den Landmeister des Livlaendischen Ordens Johann Wolthus von Herse
1558
Einnahme durch russische Truppen
1574 Erfolglose Belagerung durch die Schweden
1581 Einnahme durch schwedische Truppen unter Pontus de la Gardie
1600-05 in polnischem Besitz
1617 Im Besitz der Herren von Wrangel
1618 wurde hier der Friedensvertrag zwischen Schweden und Polen geschlossen
1685 in staatlichem Besitz
um 1721 vermutlich Zerstoerung im Grossen Nordischen Krieg und danach Aufgabe
18.-19. Jh.
Im Besitz der Herren von Rennenkampf
um 1920
Besitzer Baron Girard de Soucanton


Fotos:


Album mit 46 Fotos


vor Ort

2008



Literaturauswahl und Links:


Loewis of Menar: Burgen-Lexikon fuer Alt-Livland, 1922
Tuulse: Die Burgen des Deutschen Ritterordens in Lettland und Estland, 1942
Fahne:
Livland - Ein Beitrag zur Kirchen- und Sittengeschichte, 1875 Reprint
Miltitzer, Klaus: 
Die Geschichte des Deutschen Ordens, Stuttgart 2005
Turnbull:
Crusader Castles of the Teutonic Knights (2), New York 2004
Borowski, Tomasz: Miasta, zamki i klasztory - Inflanty, Warschau 2010
Helme, Mart: Eestimaa Linnuste Teejuht, 2003
Urban, William: Teutonic Knights - A Military History, Reprint 2011

Chroniken aus dem 14. Jahrhundert:
Heinrich v. Lettland:
Livlaendische Chronik (Uebersetzung Bauer), Darmstadt 1959
Unbekannt:
Livlaendische Reimchronik (Ausgabe Pfeiffer), Stuttgart 1844
Hermann v. Wartberge:
Chronicon Livoniae (Ausgabe Strehlke), Berlin/Riga 1864 


Google Maps:
Satellitenbild



www.burgen-im-ordensland.de

 
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