ordensland > polen > kujawsko-pomorskie > staedte > stadt kulm
Beschreibung: |
Die Siedlung Kulm (auch Culm) wurde 1232 vom Deutschen Orden unter dem Landmeister Herrmann von Balk angelegt und erhielt am 18. Dezember 1233 das Stadtrecht. Die in dieser Kulmer Handfeste in Latein aufgezeichneten Rechtsnormen wurden schon bald für das gesamte Ordensland vorbildlich und bildeten die Grundlage für ein neues Recht, das spaeter als Kulmer Recht bezeichnet wurde.
Kulm galt lange Zeit als Hauptstadt des Ordensstaates, war gleichzeitig Hansestadt und wurde auch als "Rothenburg des Ostens" bezeichnet. Auf einem relativ kleinen Gebiet wurden drei grosse Kirchen gebaut, die Marienkirche (Pfarrkirche) mit der St.-Martins-Kapelle sowie die Kirchen der Kloester, die von den Franziskanern und den Dominikanern genutzt wurden. Dem Orden der Zisterzienserinnen gehoerte die Kirche St. Johannes des Taeufers und Johannes des Evangelisten (Teil des heutigen Klosterkomplexes). Darüber hinaus entstanden noch weitere kleinere Kirchen, die Heilig-Geist-Kirche mit frueherem Spital sowie die nicht mehr vorhandene Georgskirche (vor dem Tuchtor). Das Ordenshaus befand sich am aeussersten Suedwestabhang der Stadt und wurde spaeter in das Zisterzienser- bzw. Benediktiner-Nonnenkloster einbezogen, erhalten davon ist der Mestwin-Turm. Selbst die Errichtung einer Universitaet wurde 1397 durch Papst Urban IV. genehmigt; auf Grund der bald folgenden kriegerischen Ereignisse und politischen Veraenderungen aber nicht umgesetzt.
Geschuetzt wurde die Stadt durch eine bis Mitte des 14. Jahrhunderts errichtete umlaufende Ziegelmauer auf Feldstein-sockel. Bis heute ist diese mittelalterliche Wehrmauer mit einer Laenge von 2.270 Metern fast vollstaendig erhalten. Sie wurde im 14. und 15. Jahrhundert, im Jahr 1563 (belegt durch eine Urkunde des Koenigs Zygmunt Augusts), und nach den schwedischen Kriegen 1678 weiter erhoeht und verstaerkt. In der zweiten Haelfte des 19. Jahrhunderts wurden zwei Bereiche der Mauer und fuenf Tore zur Verbesserung der Verkehrswege abgerissen. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Stadtmauer erstmals renoviert.
In der Mauer befanden sich urspruenglich 27 Mauertuerme, von denen 17 vollstaendig und 6 in Fragmenten erhalten geblieben sind. An den Haupt- strassen standen einst sieben Tore. Im oestlichen Teil gab es zusaetzlich eine Grabensicherung. Der Hauptzugang in die Stadt, der sich im nordoest- lichen Teil befand, fuehrte durch das bis heute erhaltene Graudenzer Tor und auf der gegenueberliegenden Seite befand sich das Webertor (auch Tuchhallen- oder Tuchtor genannt). Beide Tore lagen oberhalb des Grabens und besassen urspruenglich Zugbruecken. Zu den weitern Toren gehoerten das Thorner Tor, das Heilig-Geist-Tor, das Brueckentor, das Franziskanertor, auch Bischofstor genannt, das Fischertor und das Wassertor auf der Weichselseite. In juengster Zeit gab es eine erneute umfassende Restaurierung der gesamten Stadtbefestigung. Der Niedergang der Stadt Kulm erfolgte im 13-jaehrigen Staedtekrieg 1454–1466 zwischen dem Preussischen Bund, dem sich die Stadt angeschlossen hatte und dem Deutschen Orden. So nahm im Jahr 1458 einer der Soeldnerfuehrer des Ordens und Befehlshaber der siegreichen Ordenstruppen in der Schlacht von Konitz am 18. September 1454, Bernhard von Zinnenberg (Bernard Szumborski in polnischen Quellen), mit 2.000 Kriegsknechten die Stadt im Handstreich ein und regierte dort bis zu seinem gewaltsamen Ende am 07. Januar 1470 in einer Schreckensherrschaft (siehe Legende unten). In den folgenden Jahrhunderten verkuemmerte der einst bluehende Ort zu einer Ackerbuergerstadt. Einen kleinen Aufschwung gab es erst wieder unter Friedrich dem Grossen. |
Historisches Bild- und Kartenmaterial (Auswahl): | |||||
Heute ist Chełmno eine ueberaus sehenswerte Kleinstadt, die mit ihrer auf dem Hochplateau ueber der Weichsel liegenden Altstadt mit Rathaus, Kloster, Kirchen und vielen anderen historischen Gebaeuden sowie der Stadtbefestigung zu einem Besuch einlaedt. Das alte Wappen der Stadt Kulm zeigt in Blau auf gruenem Boden einen geruesteten Deutschordensritter auf schreitendem Rosse, vor sich den Ordensschild: in Silber ein schwarzes Kreuz; in der Rechten fuehrt der Reiter ein Banner, welches in Silber einen roten Neunberg, oben besteckt mit einem schwarzen Kreuze, zeigt |
||||
Zeittafel:
1232 |
Anlage durch den Deutschen Orden |
18.12.1233 |
Stadtrecht (Kulmer Handfeste) |
1258 |
Errichtung des Franziskanerklosters |
1437 |
Austritt aus der Hanse |
1458-1479 | Von Soeldnern besetzt |
1479 |
Im Besitz der Krone von Polen |
1772 |
Uebergang an Preussen |
Fotos und Panoramen:
Album mit 47 Fotos |
vor Ort |
||||
2011 2012 |
|||||
interaktive Panoramen (www.panoramaburgen.de) |
Legende ueber Bernhard von Zinnenberg (Bernard Szumborski)
Bernard Szumborski, ein Ritter aus Maehren, machte sich als Befehlshaber der im Dienst des Deutschen Ordens stehenden Soeldnertruppen im Dreizehnjaehrigen Krieg verdient. Sein Schicksal wurde mit Chełmno am 24. Oktober 1458 aufs Engste verbunden, als er mit 2000 Soeldnern hinterlistig in die Stadt eindrang und die Einwohner in Angst und Schrecken versetzte. Sein Aufenthalt in der Stadt, der lange 22 Jahre dauerte, hatte einen negativen Einfluss auf Chełmno. 1463 war Koenig Kasimir IV. gezwungen, eine Vereinbarung mit dem Soeldnerfuehrer zu schliessen, in deren Folge Chełmno, Brodnica und Starogród als Pfand für den ausstehenden Sold in Szumborskis Besitz blieben.
Laut des Thorner Friedensvertrages von 1466 wurde das Kulmer Land Polen eingegliedert. Die Stadt blieb allerdings unter Szumborskis Herrschaft und wurde weiterhin ausgepluendert und verheert. Das Ende Szumborskis nahte dann aber in Gestalt einer Buergerin der Stadt. Am 7. Januar 1470 verabreichte sie ihm bei einer Mahlzeit in der Pulverbastei Gift und setzte die Bastei in Brand. So hat ein Frauenzimmer letztendlich die Stadt von dem laestigen Ritter befreit. Doch die Herrschaft in der Stadt uebernahmen danach seine Erben, so dass die fremde Herrschaft noch einige Jahre andauerte und erst 1479 zu Ende ging, als Chełmno zu Polen kam. Der Geist des Ritters Bernard soll noch heute gelegentlich auf dem Dachboden der Pulverbastei herumspuken und -poltern. (Jerzy Kałdowski) |
Literaturauswahl und Links:
Herrmann, Christofer: |
Mittelalterliche Architektur im Preussenland, Petersberg 2007 |
Herrmann, Christofer: |
Burgen im Ordensland, Wuerzburg 2006 |
Borchert, Friedrich: |
Burgenland Preussen, Muenchen/Wien 1987 |
Borchert, Friedrich: |
Burgen, Staedte, Deutsches Land, Essen 1991 |
Torbus, Tomasz: | Die Konventsburgen im Deutschordensland Preussen, Muenchen 1998 |
Jackiewicz-Garniec, M.: |
Zamki państwa krzyżackiego, Olsztyn 2006 |
Turnbull, Stephen: |
Tannenberg 1410 - Disaster for the Teutonic Knights, 2003 |
Clasen, Karl Heinz: |
Die mittelalterliche Kunst im Gebiete des Deutschordensstaates Preussen - Die Burgbauten, Muenchen 1927 |
Dusburg, Peter von: | Chronik des Preussenlandes (Chronica Terre Prussie), Darmstadt 1984 |
Autorenkollektiv: | Handbuch der Historischen Staetten: Ost- und Westpreussen, Stuttgart 1966 |
Dehio: | Handbuch der Kunstdenkmaeler West- und Ostpreussen, Muenchen/Berlin 1993 |
Biskup/Labuda: | Die Geschichte des Deutschen Ordens, Osnabrueck 2000 |
Google Maps: | Satellitenbild |
Homepage der Stadt: |
http://chelmno.pl |
Hotelempfehlung: | http://www.karczmachelminska.pl |
www.burgen-im-ordensland.de